Versicherte können auf Rückzahlung hoffen

Urteil zu monatlicher Prämienzahlung betrifft Tausende

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Von Wolfgang Mulke

12. Feb. 2010 –

Versicherungskunden können vielleicht einen Teil der bezahlten Beiträge von der Versicherung zurückverlangen. Die Rechtslage ist zwar umstritten, doch rufen die Verbraucherzentralen die Versicherten zur Prüfung ihres Vertrages und zur Anmeldung von Ansprüchen auf. „Das kann einigen Hundert oder sogar Tausend Euro ausmachen“, berichtet die Verbraucherzentrale Hamburg..

 

Der Fall ist allerdings kompliziert, wie ein Beispiel zeigt. Der Vertrag einer 1994 abgeschlossenen Rentenversicherung bei der Victoria wirkt auf den ersten Blick eindeutig. Bei monatlicher Zahlungsweise werde ein Aufschlag von fünf Prozent erhoben, heißt es darin. Bei einer Jahresprämie von 2009 Euro berechnet die Assekuranz gut 100 Euro, wenn der Betrag nicht auf einen Schlage, sondern in zwölf einzelnen Raten beglichen wird.

 

Die Rechnung stimmt nur auf den ersten Blick. Der Sparer zahlt einen deutlich höheren effektiven Jahreszins, oft ohne dass er es weiß. Denn mit jeder Monatsrate sinkt die Restschuld an der Jahresprämie, nicht aber der Zuschlag. So steigen die tatsächlichen Kosten im Jahresverlauf deutlich an. Oft liegt der effektive Jahreszins wischen acht und 13 Prozent. Der beträchtliche Unterschied zwischen den angegebenen und den tatsächlichen Kosten rief den Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) auf den Plan.

 

Der Verband wertet die Vereinbarung als Kreditgeschäft, bei dem die Angabe des effektiven Jahreszinses vorgeschrieben ist. In einem Fall zog der vzbv vor Gericht und gewann am Ende. Das Urteil sei auf tausende weiterer Verträge übertragbar, glaubt Edda Castello von der Hamburger Verbraucherzentrale. Im für den Kunden günstigsten Fall müsste die Versicherung die Prämien neu berechnen und zuviel gezahlte Beiträge erstatten. Da in den Verträgen außerdem die vorgeschriebene Belehrung über das Widerspruchsrecht fehlt, können die Vereinbarungen sogar nach Jahren noch widerrufen werden, jedenfalls wenn sie nach 2002 abgeschlossen wurden.

 

Träfe diese Einschätzung zu, müssten sich die Versicherungen wohl auf milliardenschwere Rückzahlungen einstellen. Denn diese Art der Berechnung findet sich nach Angaben der Hamburger Verbraucherzentrale in vielen der rund 100 Millionen Lebensversicherungsverträgen der Deutschen. Auch bei den Sachversicherungen ist das Verfahren üblich. Nur bei Krankenversicherungen gibt es dieses Konstrukt gar nicht, weil deren Tarife generell auf Monatsbasis ermittelt werden.

 

„Melden Sie Ihre Ansprüche beim Versicherer an“, raten die Hamburger Experten. In Frage kommen alle Policen mit Jahresprämien über 200 Euro. Doch ob sich das lohnt, ist selbst unter Verbraucherschützern höchst umstritten. Denn obwohl der Fall vor der Bundesgerichtshof (BGH) landete, gibt es keine höchstrichterliche Entscheidung. Bevor es dazu kam, erkannte die beklagte Versicherung HUK Coburg ein erstinstanzliches Urteil gegen sie vom Bamberger Landgericht an. Das Oberlandesgericht (OLG) wiederum gab der HUK Recht. „Das ist ein Riesenproblem“, räumt der Finanzexperte des vzbv, Lars Gatschke, ein.

 

Denn die Branche erkennt in den Teilzahlungszuschlägen keinerlei Fehlverhalten. „Wir sehen wie das OLG Bamberg in einem Versicherungsvertrag kein Kreditgeschäft, also auch keine Pflicht zur Angabe des effektiven Jahreszinses“, sagt die Sprecherin des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft (GDV), Daniela Röben.

 

Die letztlich ungeklärte Rechtslage hat zur Folge, dass jeder Kunde einzeln sein Recht durchsetzen muss. Denn die Unternehmen weisen Forderungen der Verbraucher laut Castello zurück und mauern. Dann bleibt nur die Klage. „Da braucht man eine Glaskugel“, warnt die Berliner Rechtsanwältin Cornelia Brauer vor allzu großen Erwartungen an die Urteile der Richter. Die Wettbewerbsexpertin rät zu einer Beratung bei den Verbraucherzentralen oder einem Anwalt, bevor der Rechtsweg beschritten wird. Denn eine Niederlage vor Gericht kann teuer werden. Bei einem Streitwert von 2000 Euro kostet das Verfahren beispielsweise 200 Euro plus das Anwaltshonorar.

 

Die Lage könnte sich ändern, wenn Verbraucherschützer einen geeigneten Fall finden, den sie bis zur höchsten Instanz durchfechten können. Informationen zur Rechtslage und ein Info-Päcken für Versicherte bietet die Verbraucherzentrale Hamburg unter der Webadresse www.vzhh.de.

 

 

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