Verstaatlichung ohne Enteignung

Bund besitzt mittlerweile 45 Prozent der Pleite-Bank HRE. Enteignung von US-Investor Flowers möglicherweise unnötig. Untersuchungsausschuss startet Aufklärung der Bank-Katastrophe

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Von Hannes Koch

06. Mai. 2009 –

Die Verstaatlichung der Münchner Pleitebank Hypo Real Estate rückt näher. Nach Informationen der Deutschen Presseagentur hielt der Bund am Mittwoch rund 45 Prozent der HRE-Aktien. Damit könnte die Regierung die marode Bank komplett übernehmen, ohne die widerspenstigen Aktionäre, darunter US-Investor J.C. Flowers, enteignen zu müssen.


Die in der Finanzkrise gestrauchelte HRE wird nur durch staatliche Mittel in Höhe von rund 87 Milliarden Euro am Leben gehalten. Damit die Sanierungskosten für den Staat sinken und künftige Gewinne nicht in private Kassen fließen, hat der Bundestag die Verstaatlichung beschlossen – wenn es sein muss, mittels Enteignung.


Auf diesen umstrittenen Schritt will Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) jedoch möglichst verzichten. Deshalb hatte er den HRE-Aktionären das Angebot gemacht, ihre Aktien für 1,39 € pro Stück zu kaufen. Weil einige Anteilseigner einwilligten, besitzt der Bund jetzt 45 Prozent der Anteile.


Damit kann die Hauptversammlung der HRE wahrscheinlich eine Kapitalerhöhung beschließen und Investor Flowers, der nicht verkaufen will, an den Rand drängen. Am Donnerstag will der bundeseigene Sonderfonds für Finanzmarktstabilisierung bekanntgeben, wieviele HRE-Anteile der Staat tatsächlich hält.


Am selben Tag trifft sich auch der HRE-Untersuchungsausschuss des Bundestages zu seiner ersten Arbeitssitzung. Vor allem verlangen die Abgeordneten der FDP, Linken und Grünen Basisinformationen, die ihnen die Regierung bislang angeblich vorenthalten hat. In zweiter Linie geht es der Opposition darum, die Regierung im Wahlkampf vorzuführen. Die drei kleinen Parteien haben den Untersuchungsausschuss gegen die große Koalition aus Union und SPD durchgesetzt.


Mit mittlerweile 77 Beweisanträgen will die Opposition das Milliarden-Drama um die Münchner Pleitebank Hypo Real Estate aufklären. So vermuten die kleinen Parteien, dass die staatlichen Rettungsmilliarden an die HRE über Umwege zu einem erheblichen Teil in die Kassen der Deutschen Bank und anderer privater Großbanken geflossen sind. Finanzminister Steinbrück habe zudem Warnungen über die bedrohliche Schieflage der Münchener Bank nicht rechtzeitig zur Kenntnis genommen. Außerdem habe die Bundesfinanzaufsicht BaFin die verlustreichen Geschäfte der HRE in Irland nicht ausreichend überprüft.

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