„Vor Gericht kann man immer noch ziehen"

Die Vermittlungsstellen der Handwerkskammern helfen, wenn sich Kunde und Monteurbetrieb um vollbrachte Arbeit zanken. Andrea Dannemann, Rechtsberaterin bei der Handelskammer Stuttgart, beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die Schlichtungsarbeit b

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09. Okt. 2009 –

Mandy Kunstmann: Um was streiten sich Auftraggeber und Handwerker denn eigentlich am häufigsten?

 

Andrea Dannemann: Sehr oft ist die Rechnung Ausgangspunkt für Streitigkeiten. Zum Beispiel wird über die Höhe der Vergütung der Leistungen gezankt oder der Kunde ist mit dem Rechnungsbetrag nicht zufrieden, der letztendlich viel höher als erwartet ausfiel. Auch sind Handwerker und Auftraggeber häufig uneins darüber, ob die Leistung ordnungsgemäß, das heißt mangelfrei, ausgeführt worden ist.

 

Kunstmann: Wendet man sich immer an eine Vermittlungsstelle der Handwerkskammer (HWK), wenn man mit Fachpersonal Reibereien hat?

 

Dannemann: Nicht unbedingt. Auch viele Handwerksinnungen bieten Vermittlungen an. Doch nicht jeder Betrieb gehört einer Innung an, da die Mitgliedschaft freiwillig ist. In diesem Fall nützt es also nichts, sich an die Innungen zu wenden. Darüber hinaus gibt es natürlich noch spezielle Schiedsstellen, an die man sich wenden kann. Gibt es Ärger bei der Autoreparatur beispielsweise, wendet man sich an eine KfZ-Schiedsstelle. Geht es dem Kunden eher um fachlichen Rat, kann er sich an einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen wenden. Bei rechtlichen Fragen kann er einen spezialisierten Rechtsanwalt oder auch die Verbraucherzentrale kontaktieren.  

 

Kunstmann: Ab wann ist es eigentlich sinnvoll, die Schlichtung der Handwerkskammer in Anspruch zu nehmen?

 

Dannemann: Wenn Kunden mit den Leistungen des Handwerkers nicht einverstanden sind, sollten sie zunächst einmal den direkten Kontakt zu ihm suchen. Erst wenn eine Einigung nicht möglich scheint, sollten Dritte eingeschaltet werden. Wer nicht gleich vor Gericht ziehen und Zeit und Kosten sparen möchte, schaltet die Vermittlungsstelle ein. Vorraussetzung ist natürlich, dass der Beschwerdeführer sich auch einigen möchte. 

 

Kunstmann: Kostet die Vermittlung denn etwas?

 

Dannemann: Die Vermittlung bei der Handwerkskammer ist in der Regel kostenfrei. Bei der HWK Stuttgart zahlen Verbraucher nichts. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, vorab nachzufragen ob eventuell Kosten anfallen und natürlich auch, ob die HWK die richtige ist. Denn für die  Schlichtung zuständig ist immer die Kammer, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat.   

 

Kunstmann: Wie läuft so ein Schlichtungsverfahren eigentlich ab?

 

Dannemann: Häufig handelt es sich um ein schriftliches Verfahren. Zuerst wendet sich der Kunde per Email, Brief oder Fax an die HWK und schildert, welche Beschwerde denn vorliegt. Die Kammer schaltet sich ein und bittet den Betrieb um Stellungnahme. Oft kommt dann aus dem Unternehmen schon ein Vorschlag, wie dem Streit beizukommen ist. Natürlich ist das Verfahren freiwillig, und die Betriebe müssen nicht mitmachen. Aber es kommt wirklich selten vor, dass sich eine Firma gar nicht meldet. Die HWK übernimmt praktisch die Kommunikation zwischen den streitenden Parteien.

 

Kunstmann: Wie lange dauert denn ein Schiedsverfahren?

 

Dannemann: Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal ist alles schon nach ein paar Tagen geregelt. In anderen Fällen kann es schon einmal einige Wochen dauern. Das hängt davon ab, wie schnell die Beteiligten reagieren, wie viel Zeit sie sich lassen.

 

Kunstmann: Setzt die HWK denn keine Fristen?

 

Dannemann: Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebenen Fristen für die Durchführung des Vermittlungsverfahrens. Wir bitten aber schon darum, zeitnah zu antworten, damit sich die Vermittlung nicht zu sehr verzögert. Für den Kunden ist es aber wichtig, dass er die gesetzlichen Verjährungsfristen im Blick behält. Die liegen zwischen zwei und fünf Jahren, je nachdem um was für eine Sache es sich eben handelt.

 

Kunstmann: Was passiert eigentlich, wenn die Vermittlung nicht erfolgreich ist? Geht der Beschwerdeführer dann leer aus?

 

Dannemann: Scheitert eine Vermittlung, kann der Auftraggeber immer noch juristischen Rat einholen. Schutzlos ausgeliefert ist er ja nicht und kann immer noch vor Gericht ziehen

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