Vorstände haften, Investmentbanker nicht

Union und SPD verschärfen die Schadenshaftung für Topmanager. Die bestbezahlten Banker bleiben aber außen vor

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Von Hannes Koch

28. Apr. 2009 –

Vorstandsmitglieder von Banken und anderen Konzernen sollen künftig eher für Schäden haften. Das wollen Union und SPD als Reaktion auf die Finanzkrise im Aktiengesetz festlegen. Die große Koalition geht allerdings nicht so weit, wie es möglich wäre.


Ausschließlich die Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften haben die Regierungsparteien bislang im Blick. Sollte die Regelung wie geplant vor der Sommerpause vom Bundestag beschlossen werden, würden beispielsweise Martin Blessing, Vorstandsvorsitzender der Commerzbank, oder Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann mit einem vollen Jahresgehalt für eventuelle Schäden haften. Für die ihnen unterstellten Direktoren und Investmentbanker soll sich dagegen nichts ändern.


Dabei erwirtschaften gerade die Investmentabteilungen der Banken mit risikoreichen Geschäften hohe Gewinne und Gehälter. So soll der Chef-Investmentbanker der Deutschen Bank, Anshu Jain, in guten Jahren 100 Millionen Euro erhalten haben, während sein Chef Ackermann mit 14 Millionen zufrieden sein musste. Hohe Profite und große Risiken können in schlechten Jahren wie diesen in beträchtliche Verluste und Schäden umschlagen.


„Der Selbstbehalt im Falle eines Schadens müsste für alle Personen gelten, die im Unternehmen Entscheidungsbefugnis haben – nicht nur für Vorstände, sondern ebenso für Investmentbanker oder leitende Angestellte“, meint Karl Homann, Professor für Wirtschaftsethik an der Universität München. „Wer Entscheidungen fällt, muss auch haften, sagt ein guter alter ordnungspolitischer Grundsatz.“


Bei der SPD begründet man die Zurückhaltung mit rechtlichen Problemen. Im Aktiengesetz lasse sich nur das Verhalten der „Organe der Gesellschaft“, also etwa des Vorstandes oder der Hauptversammlung, reglementieren. Die Arbeitsverträge mit Investmentbankern über Gehalt und Bonuszahlungen hätten demgegenüber privatrechtlichen Charakter.


Was aber spricht dagegen, auch ins Arbeitsrecht einzugreifen und dort die Haftung auszudehnen? Damit begebe man sich tatsächlich auf ein sehr kompliziertes Terrain, sagt Axel Halfmeier, Professor für Wirtschaftsrecht an der Frankfurt School of Finance. „Die Rechtsprechung schützt in Deutschland in der Regel die Arbeitnehmer“, so Halfmeier. Wer eine Regelung finden wolle, wie Unternehmen ihre Angestellten zu Schadensersatz in Millionenhöhe heranziehen könnten, betrete rechtliches Neuland.


Die Neuregelung von Union und SPD sieht konkret vor, dass Aktiengesellschaften ihren Vorständen keine Versicherungen mehr bezahlen, die vollen Schadensersatz leisten, sollte die AG einen Topmanager verklagen. Künftig haften die Chefs in Höhe eines vollen Jahresgehaltes.


Diesen so genannten Selbstbehalt will die Regierungskoalition nur für Aktiengesellschaften vorschreiben – ein zusätzliches Manko. Andere Kapitalgesellschaften, wie etwa GmbHs blieben außen vor. „Die Geschäftsführer von GmbHs sollten in das Gesetz einbezogen werden“, sagt dazu Jurist Halfmeier.


Ein weiterer Punkt ist im Gesetzesvorhaben der Regierungskoalition bislang ebenfalls nicht geregelt. Die Vorstände werden versuchen, ihrer neuen persönlichen Haftung dadurch auszuweichen, dass sie den Selbstbehalt privat versichern. Eine solche Vollkasko-Versicherung müssten sie zwar aus ihrem Gehalt finanzieren und könnten sie nicht mehr vom Unternehmen bezahlen lassen, die Wirkung wäre aber dieselbe: keine Haftung im Schadensfall. Eine Möglichkeit, diesen Weg zu versperren, ist ein Verbot derartiger Anti-Haftungs-Policen im Versicherungsrecht. Doch auch daran denken Union und SPD bislang nicht.


Trotz aller Defizite ist Wirtschaftsethiker Karl Homann aber milde gestimmt: „Wenn die Bundesregierung nun einen Selbstbehalt für Vorstandsmitglieder von AGs einführen will, ist das immerhin ein Anfang.“

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