Wachstumszweig Schwarzarbeit

Experte schätzt das Volumen der Schattenwirtschaft 2010 auf 360 Milliarden Euro / Schlechte Manager untergraben die Moral

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Von Wolfgang Mulke

18. Jan. 2010 –

Die Schattenwirtschaft ist wieder auf dem Vormarsch. Im vergangenen Jahr stieg das Volumen der Schwarzarbeit um fünf Milliarden auf 352 Milliarden Euro an. In diesem Jahr rechnet der auf die Berechnung der illegalen Tätigkeiten spezialisierte Wissenschaftler Friedrich Schneider mit einem Umsatz von 360 Milliarden Euro. Exakt ist die Schätzung nicht. Sie stellt vor allem den Trend dar.

 

„Der Hauptgrund für die Zunahme ist die schlechte Lage in der realen Wirtschaft“ erläutert Schneider. Kurzarbeiter würden sich vermehrt etwas dazu verdienen, ebenso Arbeitslose und Frührentner. Eine positive Entwicklung gab es in den letzten Jahren aber auch. Die Regelungen für Minijobber haben gewirkt. Vor allem in den privaten Haushalten wird nicht mehr so viel am Fiskus vorbei verdient. Der Professor von der Universität Linz glaubt, dass in Deutschland zwischen sieben und elf Millionen Erwerbstätige nebenbei noch schwarzarbeiten. Facharbeiter, vom Automechaniker bis zum Fliesenleger stellen zwei Drittel der illegal beschäftigten. Das restliche Drittel entfällt auf Arbeitslose und Frührentner auf der einen, und illegale Zuwanderer auf der anderen Seite. Laut Schneider ist die Kluft zwischen den Kosten einer legalen Handwerkerstunde und einer Stunde Schwarzarbeit das wichtigste Motiv der Auftraggeber.

 

Wie hoch der Schaden für die Allgemeinheit ist und ob überhaupt einer entsteht, ist umstritten. Der Forscher sieht auch Vorteile. „Schattenwirtschaft ist Wohlstands steigernd“, versichert Schneider. Der Verdienst wird schließlich meist sofort wieder in den legalen Geldkreislauf gebracht und schafft dort Umsatz und Arbeit. Zu den großen Verlierern zählt der Wissenschaftler die Firmen, die durch illegal arbeitende Konkurrenten ins Hintertreffen geraten und die Sozialkassen, denen enorm hohe Beitragseinnahmen entgehen.

 

Im Kampf gegen die illegale Beschäftigung helfen Schneider zufolge vor allem mehr Kontrollen. Höhere Strafen bewirken dagegen nicht allzu viel. Eher hängt die gesellschaftliche Akzeptanz mit der Verbreitung von Schwarzarbeit zusammen. „Die Leute haben ein gutes Gefühl für Gerechtigkeit“, erklärt Schneider. Wenn der Staat das Fehlverhalten mancher Manager nicht sanktioniere, sinke auch die Hemmschwelle bei den kleinen Leuten.

 

In einer Befragung hat die Stiftung Marktwirtschaft neben der Schwarzarbeit auch die Steuerhinterziehung untersuchen lassen. Gut 2.000 Haushalte wurden dafür befragt. Die Zahl der Steuersünder ist danach vergleichsweise gering. Gut ein Prozent gab zu, dass Kapitaleinkünfte am Fiskus vorbei erzielt werden. Geldanlagen in den Steueroasen sind rar. Gerade einmal jeder fünfzigste hat ein Konto im Ausland. Über das Volumen der hinterzogenen Beträge sei nichts bekannt, räumte der Autor der Studie, Lars Feld von der Universität Heidelberg, ein. Den Schaden für den Steuerzahler schätzt der Forscher auf rund 350 Millionen Euro im Jahr.

 

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