Warum sind Kohlekraftwerke für das Klima besonders schädlich?

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum CO2-freien Kraftwerk:

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Von Wolfgang Mulke

15. Sep. 2008 –

Vom Abbau der Kohle bis zur Verstromung finden viele Eingriffe in die natürliche Umwelt statt. So werden durch den Braunkohletagebau ganze Landstriche verwüstet und müssen nach Abschluss der Förderung mühevoll renaturiert werden. Auch die Kohlekraftwerke belasten die Umwelt erheblich. Das derzeit größte Sorgenkind ist dabei Kohlendioxid (CO2), das bei der Verbrennung der Kohle übrig bleibt und in die Atmosphäre abgegeben wird. Das Gas ist die wichtigste Ursache der Erderwärmung. Allein das große Braunkohlekraftwerk in Jänschwalde bei Cottbus bläst alljährlich 25 Millionen Tonnen des Klimakillers in die Luft. Das ist angesichts des weltweiten jährlichen Ausstoßes von 24 Gigatonnen CO2 zwar nicht viel. Doch Kohlekraftwerke tragen erheblich dazu bei wie eine Berechnung der Internationalen Energie Agentur (IEA) zeigt. Würden die Betreiber von 700 großen Anlagen auf eine CO2-freie Kohleverstromung umsteigen, käme der positive Klimaeffekt der weltweiten Abschaffung aller Autos gleich.

 

Gibt es bald umweltfreundliche Kohlekraftwerke?

 

Rund um den Globus suchen Stromversorger nach umweltfreundlichen Technologien bei der Verstromung von Kohle. In Deutschland plant der Konzern RWE in Köln-Hürth ein erstes CO2-freies Kraftwerk. Der ostdeutsche Versorger Vattenfall startet an diesem Dienstag eine Pilotanlage zur Trennung von CO2 aus dem Rauchgas am brandenburgischen Standort Schwarze Pumpe. RWE will 2014 den ersten Strom aus dem neuen Kraftwerk liefern, Vattenfall ein Jahr später den Betrieb der Demonstrationsanlage mit 30 Megawatt Leistung aufnehmen. Ab 2020 soll die neue Technologie serienreif sein.

 

Wie funktioniert das CO2-freie Kraftwerk?

 

Ein tatsächlich CO2-freies Kraftwerk wird es nicht geben. Aber mit der so genannten „Carbon Capture and Storage“-Technologie (CCS) wollen die Betreiber das Entweichen des Gases in die Atmosphäre weitgehend unterbinden. In drei Schritten wird das CO2 klimaneutral entsorgt. Im Kraftwerk wird das Gas vom restlichen Rauchgas abgesondert und gereinigt. Dafür gibt es verschiedene technologische Ansätze. Anschließend wird das CO2 unter Druck verflüssigt und mittels Tankwagen oder Pipelines zu den späteren Lagerstätten transportiert.

 

Was passiert mit dem CO2?

 

Schließlich soll das Flüssiggas unterirdisch endgelagert werden. Dafür kommen einerseits ausgebeutete Erdöl- und Erdgasfelder in Frage, andererseits poröse Gesteinsschichten, die durch undurchlässige Erdschichten oder Salzstöcke abgeschirmt werden. Eine Versuchsanlage des GeoForschungsZentrums (GFZ) Potsdam ist bereits in Betrieb. Gut 600 Meter unter der Erdoberfläche wird derzeit CO2 in eine Sandsteinformation gepumpt. Darüber liegende Tonschichten sollen verhindert, dass das Gas wieder an die Oberfläche kommt. Vor der norwegischen Küste werden ausgepumpte Erdgasfelder bereits kommerziell mit CO2 aufgefüllt. Theoretisch kommt auch die Tiefsee als Lagerstätte in Betracht. Ab einer Meerestiefe von 3000 Metern ist das CO2 schwerer als das Wasser und kann deshalb am Boden gehalten werden. GFZ-Forscher Frank Schilling hält diese Variante aber für extrem gefährlich, weil das Leben am Meeresgrund ausgelöscht werden könnte.

 

Ist das Klimagas für Menschen und Tiere gefährlich?

 

CO2 ist nicht giftig. Vielfach wird das Gas sogar in der Lebensmittelindustrie eingesetzt, zum Beispiel um prickelndes Sprudelwasser herzustellen. Gefährlich können aber die Eigenschaften des Gases werden. CO2 ist schwerer als Luft und unsichtbar. Wenn größere Mengen frei werden, entsteht am Boden ein wabernde Gasmasse, die dort keinen Raum mehr für Sauerstoff lässt. Bei einer großen Konzentration können Menschen und Tiere ersticken. Das ist schon vorgekommen.

 

Ist die Zukunft der Kohleverstromung damit gesichert?

 

Das ist umstritten. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) wirft den Stromkonzernen vor, dass sie das CO2-freie Kraftwerk als Feigenblatt missbrauchen und ansonsten so weiter machen wie bisher. Außerdem ist längst noch nicht sicher, ob es genügend sichere Lagerstätten für das anfallende Flüssiggas gibt und das Abscheiden von CO2 im Kraftwerk auch in großem Stile sicher funktioniert. Auch wirtschaftlich sind noch Fragen offen. Denn die Trennung des Klimagases von den restlichen Abgasen verringert den Wirkungsgrad bei der Stromgewinnung um ein Zehntel. Es muss also für die gleiche Strommenge noch mehr Kohle verbrannt werden. Deshalb ist der BUND grundsätzlich gegen neue Kohlekraftwerke und für erneuerbare Energien. Die Befürworter halten die neue Technologie dagegen für Richtung weisend, zumal die Versorgung ohne Kohlkraftwerke schwierig wird.

 

 

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