Weitere Firma verlässt Wüstenstrom-Projekt

Bosch Rexroth verabschiedet sich aus Desertec-Initiative

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Von Hannes Koch

13. Nov. 2012 –

Das Wüstenstrom-Projekt Desertec steckt in Turbulenzen. Neben Siemens will nun auch eine Tochter des Unternehmens Bosch ihre Mitarbeit beenden. Zum Jahresende steigt die Maschinenbau-Firma Bosch Rexroth aus dem Mammutvorhaben für saubere Zukunftsenergie aus.


An der Desertec Industrie Initiative GmbH (Dii) sind Finanzkonzerne wie die Münchner Rück und Energieunternehmen wie E.ON und RWE beteiligt. Ihr ebenso plausibles, wie faszinierendes Ziel ist es, Mitte diesen Jahrhunderts Nordafrika, den Nahen Osten und Europa teilweise mit ökologisch hergestelltem Strom aus Sonnen- und Windkraftwerken zu versorgen. Diese sollen in nordafrikanischen Staaten und der Sahara-Wüste gebaut werden, wo der Sonneneinstrahlung sehr hoch ist.


Die oft gefeierte Vision hält Bosch Rexroth nun nicht davon ab, die Reißleine zu ziehen. Die Maschinenbaufirma stecke „augenblicklich in einem konjunkturellen Tief“, begründete eine Sprecherin den Ausstieg. Angesichts dieser Situation lasse man den Partnerschaftsvertrag zum Jahresende auslaufen, um Nebenaktivitäten zu begrenzen.


Bisher hat Desertec einiges geplant, aber nichts gebaut. In den kommenden Jahren soll jedoch ein erstes Solarthermie-Kraftwerk in Marokko errichtet werden, das auch Strom nach Spanien liefern könnte. Bei dieser Technik erhitzen die Sonnenstrahlung eine Flüssigkeit. Dampf treibt Turbinen an, die Strom erzeugen. Die Anlage in Marokko soll eine Leistung von 150 Megawatt haben, etwa ein Achtel eines großen deutschen Kohle- oder Atomkraftwerkes. Sie würde rund 600 Millionen Euro kosten. Außerdem plane RWE unter anderem die Errichtung von Wind- und Solarkraftwerken mit jeweils 50 Megawatt Leistung, wie Dii-Sprecher Klaus Schmidtke sagte.


Das interkontinentale Energieprojekt, dem 21 Unternehmen und Institutionen als Gesellschafter, sowie weitere 36 als Partner angehören, findet auch Interesse in China und den USA. Schmidtke zufolge führt Desertec Gespräche über eine Beteiligung mit der State Grid Corporation of China und dem US-Solartechnikhersteller First Solar.


Bevor ein größeres nordafrikanisch-europäisches Energienetzwerk entstehen kann, sind allerdings zahlreiche Hürden zu überwinden. Eine davon ist die gegenwärtige Krise der Solarindustrie. Weltweit herrscht ein harter Konkurrenzkampf, viele Firmen geben auf, Staaten wie Spanien und Deutschland reduzieren die Förderung. Vor diesem Hintergrund will Siemens seine Solarsparte abstoßen und die Mitarbeit bei Desertec beenden.


Außerdem stellt sich die Frage, ob Europa Strom aus der Wüste überhaupt braucht. Beispielsweise in Deutschland nimmt die Produktion von Ökoenergie schneller zu als geplant. Strom regional herzustellen und hier auch gleich zu verbrauchen, kann erhebliche Kosten sparen. Auf Milliarden Euro teure Leitungen aus Nordafrika durch das Mittelmeer nach Europa kann man dann verzichten.


Ungeklärt ist bislang auch, wie die noch nicht wettbewerbsfähigen Öko-Kraftwerke gefördert werden sollen. In Deutschland zahlen die Privathaushalte und die meisten Firmen eine Umlage, um die höheren Produktionskosten auszugleichen. Eine ähnliche Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und nordafrikanischen Staaten gibt es nicht.


Mehr Sinn hätten effektive Sonnen- und Windkraftwerke in der Wüste, um die Staaten Afrikas selbst zu versorgen. Die Vorteile: Ersatz für die irgendwann leergepumpten Erdöllagerstätten, keine Belastung des Klimas mit Kohlendioxid.

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