Weniger Vertrauen, weniger wert

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Von Wolfgang Mulke

06. Mai. 2010 –

Kommt bald ein neuer Crash an den Finanzmärkten?

 

Ausschließen lässt sich dieses Szenario nicht. Wahrscheinlich ist es aus heutiger Sicht aber auch nicht. Denn von der Krise sind bisher vor allem Staatsanleihen betroffen. Den Börsenunternehmen geht es in der Regel zunehmend besser, weil die Weltwirtschaft wieder angesprungen ist. Ihr Wert steigt also eher als dass er sinkt. Doch an den Märkten spielt auch die Psychologie eine gewaltige Rolle. Eine Verkaufspanik ist daher auch ohne eine Änderung der Faktenlage denkbar. Im schlimmsten Fall könnte die Griechenland-Krise auf andere Länder übergreifen. Das hätte vermutlich überall auf den Finanzmärkten massive Kursverluste zur Folge.

 

Hängen die zuletzt eingebrochenen Börsenkurse mit der Währungsschwäche zusammen?

 

Viele internationale Anleger haben das Vertrauen in Europa verloren und Aktien verkauft. Daraus resultiert ein doppelter Effekt. Die Verkaufswelle sorgt für sinkende Börsenkurse und der Rücktausch des Euro in die Heimatwährung setzt den Eurokurs unter Druck.

 

Ist der sinkende Eurokurs eine Gefahr für die Sparer?

 

Die meisten Sparer müssen sich keine Sorgen machen. Denn der Euro verliert ja nur im Vergleich zu anderen Ländern schnell an Wert. Im Inland bleibt der Wert dagegen erhalten, solange die Preise nicht deutlich anziehen. Auch  profitieren Bundesbürger, die ihre Ersparnisse zum Beispiel in Dollarwerten angelegt haben. Denn zu den Zinsen können sie auf einen Zusatzgewinn beim Rücktausch in den Euro hoffen. Gefährlich wird es nur, wenn sich die Krise der Gemeinschaftswährung deutlich verschärft. Dann könnten die als sicher geltenden Staatsanleihen erstklassiger Schuldnerländer wie Deutschland Kursverluste verzeichnen.

 

Spüren Verbraucher etwas von der Entwicklung?

 

Jeder Halt an der Tankstelle verdeutlicht den Zusammenhang zwischen dem Währungskurs und den Verbraucherpreisen. Benzin ist zurzeit zum Beispiel sehr teuer. Denn der Rohstoff dafür, das Öl, wird weltweit in Dollar abgerechnet. Verliert der Euro an Wert, müssen die Konsumenten mehr davon für Importwaren ausgeben. Anders gesagt: Die Preise für Importe steigen.

 

Warum verliert der Euro an Wert?

 

Schwankungen an den Devisenmärkten sind normal. In diesem Fall verschärft sich die Lage jedoch, weil es letztlich um das Vertrauen in die europäische Gemeinschaftswährung geht. Viele internationale Anleger verkaufen ihre Wertpapiere derzeit und tauschen den Erlös in eine andere Währung um, weil sie dem Krisenmanagement der Europäer angesichts der Entwicklung in Griechenland und denkbarer weiterer Probleme in anderen Ländern nicht trauen. Dieser Devisentausch ist ein Grund für den sinkenden Euro. In zunehmendem Maße mischen im Devisenhandel nach Einschätzung der Finanzaufsicht auch Spekulanten mit. Es wird in großem Stil auf weitere Kursverluste beim Euro gewettet. Auch dies setzt die Währung unter Druck.

 

Kann die Abwertung noch weiter gehen?

 

Diese Antwort kennt niemand. Von einem Rekordtief ist der Euro noch weit entfernt. Kurz nach der Einführung zum Preis von 1,18 Dollar vor zehn Jahren sank der Kurs des Euro rasant auf einen Tiefstand von gut 80 Cent. Trotz der Talfahrt kostet ein Euro heute etwa 1,27 Dollar. Der Euro hat überdies die für Devisenhändler wichtige Barriere von 1,30 Dollar durchbrochen. Das werten die Händler als Signal für weiter rückläufige Kurse. Es wird viel davon abhängen, ob das Vertrauen in die Zukunft der Gemeinschaftswährung international wieder hergestellt werden kann. Denkbar ist sogar eine gegenteilige Entwicklung. Denn auch Länder wie die USA und England leiden unter einer extremen Staatsverschuldung. Wenn die Devisenmärkte die Sorgen um andere Währungen ins Blickfeld rücken, kann sich der Trend schnell umkehren.

 

Wie wirkt sich der schwache Euro auf die Wirtschaft aus?

 

Es gibt für die Wirtschaft zwei gegenläufige Tendenzen. Exportunternehmen profitieren vom fallenden Kurs, weil deutsche Produkte außerhalb der Eurozone billiger angeboten werden können und sich dadurch eher Käufer finden. Dagegen müssen vor allem jene Unternehmen, die stark auf Rohstoffe aus dem Ausland angewiesen sind, höhere Produktionskosten hinnehmen.

 

Droht eine neue Inflationswelle, weil so viele Staaten hoch verschuldet sind?

 

Kurzfristig rechnen die meisten Fachleute nicht mit einer hohen Inflationsrate, weil die Wirtschaft noch zu schwach ist, um deutliche Preissteigerungen durchzusetzen. Mittelfristig kann sich das Blatt wenden. Ob die Europäische Zentralbank das zulässt, ist eine andere Frage. Sie steuert die Preisentwicklung über die Zinspolitik mit. Bisher gibt es kein Anzeichen dafür, dass die Notenbank höhere Inflationsraten zulassen könnte.

 

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