Wer von der Gasumlage profitiert

Nicht jeder der Staatsgeld will, ist bedroht

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Von Björn Hartmann

20. Aug. 2022 –

Staatseinstieg, Sonderdarlehen, Umlage: Seit ein paar Wochen beschäftigt sich die Bundesregierung damit, Unternehmen im deutschen Gasmarkt zu retten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) redet von Systemrelevanz einzelner Firmen. Doch vor allem von der Gasumlage profitieren auch Konzerne, die es nur bedingt nötig haben.

Die Lage am Gasmarkt

Seit Juli liefert der staatliche russische Gasmonopolist Gazprom deutlich weniger Gas nach Deutschland, als die Verträge mit den Importeuren vorsehen. Russlands Anteil an den Gasimporten sank deshalb bereits von 35 Prozent im Frühjahr auf um die zehn Prozent. Unternehmen, die russisches Gas importieren, müssen sich mit Gas aus anderen Quellen eindecken. Russland ist einer der größten Gasförderer der Welt. Die Gasmengen sind nicht so einfach zu ersetzen, andere Förderländer sind vertraglich gebunden, können meist kurzfristig nicht mehr liefern. Deshalb steigt der Preis für Gas seit Monaten. Deutschlands Importeure kaufen also teuer zu, sind beim Verkauf an Stadtwerke und Firmen aber an günstige Altverträge gebunden. Das kann ganze Unternehmen gefährden.

Um einen Zusammenbruch zu verhindern, erlaubt die Bundesregierung, vom 1. Oktober an 90 Prozent der Mehrkosten auf alle Gasverbraucher – Unternehmen und Privatleute – umzulegen. Angesetzt sind zunächst 2,419 Cent je Kilowattstunde, was je nach Haushalt mehrere Hundert Euro ausmachen kann. Insgesamt soll es um 34 Milliarden Euro gehen. Die Summe hängt davon ab, wie hoch die angemeldeten Ansprüche sind und welche Unternehmen die Umlage tatsächlich haben wollen.

Die Profiteure

Insgesamt haben zwölf Unternehmen die Umlage beantragt. Nicht jedes wirkt so systemrelevant, wie es sein sollte, um von der Umlage gerettet zu werden. Und vor allem nicht so angeschlagen.

Uniper, Deutschlands mit Abstand größter Importeur von russischem Gas, ist unter den Antragstellern. Das Unternehmen wies im ersten Halbjahr wegen der Probleme beim Gas einen Verlust von 12,4 Milliarden Euro aus. Der Bund hat bereits 30 Prozent der Anteile übernommen und stellt 7,7 Milliarden Euro über eine Anleihe zur Verfügung. Zudem erhielt Uniper einen Kredit der staatlichen Förderbank KfW über neun Milliarden Euro. Das Unternehmen gilt als systemrelevant, weil es hunderte Unternehmen und Stadtwerke beliefert. Eine Insolvenz in Eigenregie wollte die Bundesregierung nicht riskieren – vor allem wegen der Unsicherheit, die das im Markt bedeutet hätte.

Auch Sefe (früher Gazprom Germania) hat einen Antrag gestellt, wie das „Handelsblatt“ berichtet. Das Unternehmen wird treuhänderisch verwaltet von der Bundesnetzagentur und gestützt mit einem Milliardenkredit der KfW. Zu Sefe gehört der Gashändler Wingas in Kassel. EWE aus Oldenburg ist auch unter den Antragstellern, will die Hilfe aber offenbar nur drei Monate beziehen.

Schon etwas schwieriger sind die Ansprüche einiger anderer Unternehmen, die nicht durch ausfallende Gaslieferungen aus Russland in der Existenz bedroht sind. VNG aus Leipzig etwa, ein Tochterunternehmen der EnBW aus Karlsruhe. Der Konzern wies im ersten Halbjahr 1,4 Milliarden Euro Gewinn aus. EnBW gehört fast vollständig der öffentlichen Hand, fast 47 Prozent der Aktien hält Baden-Württemberg.

Auch bei einigen ausländischen Unternehmen sind Zweifel angebracht. OMV aus Österreich etwa machte im ersten Halbjahr 2,5 Milliarden Euro Gewinn, 95 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Und auch bei Vitol, einem der größten Rohstoffhändler der Welt mit Sitz in Rotterdam und Genf, sowie beim niederländisch-schweizerischen Rohstoffhändler Gunvor lief das erste Halbjahr erfreulich. Beide Firmen sind stark im Ölgeschäft und profitieren vom kräftig gestiegenen Ölpreis. Besonders pikant: Einer der Gründer von Gunvor ist Gennadi Timtschenko, einer der russischen Oligarchen, die unter Präsident Wladimir Putin profitierten. 2014 verkaufte er allerdings seine Anteile – er stand auf der Sanktionsliste, nachdem Russland die Krim annektiert hatte.

Wie man sich auch verhalten kann, zeigt der Essener Energiekonzern RWE. Das Unternehmen hat zwar ursprünglich einen Anspruch beantragt, verzichtet aber mit Hinweis auf Gewinne in anderen Geschäftszweigen auf die Umlage.

Das Kreuz mit der Mehrwertsteuer

Um vor allem die privaten Gasverbraucher zu entlasten, will die Bundesregierung parallel zur Gasumlage die Mehrwertsteuer auf Gas von 19 auf sieben Prozent senken. Eine Sorge dabei: Die Gasversorger, in der Regel Stadtwerke, nutzten die unübersichtliche Lage und erhöhten bei Endkunden die Preise nicht um den tatsächlich höheren Einkaufswert, sondern schlügen noch etwas drauf. Dem Kunden fiele das nicht auf, weil er ja weniger Mehrwertsteuer zahlen müsse. Wenn es so wäre, ließe es sich nicht überprüfen. Die Einkaufspreise sind Geschäftsgeheimnis.

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