Wie sicher ist die Lebensversicherung?

Niedrige Zinsen machen Anbietern das Leben schwer

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Von Wolfgang Mulke

08. Nov. 2012 –

Für sichere Geldanlagen gibt es derzeit kaum Zinsen. Das bereitet den Lebensversicherungen Probleme, weil sie überwiegend weit höhere Garantiezinsen gewährt haben. Nun gibt es Gerüchte, dass diese Garantien aufgeweicht werden könnten. Doch die Verbraucher müssen sich keine Sorgen machen.


Der beim Abschluss einer Kapitallebensversicherung gewährte Garantiezins kann nicht einseitig oder rückwirkend verändert oder gar ausgesetzt werden. Allerdings verändert sich die Mindestleistung mitunter für neue Verträge. Während viele alte Policen noch vier oder 3,5 Prozent vorsahen, gibt es seit Jahresbeginn nur noch 1,75 Prozent Garantieverzinsung. Der Begriff täuscht auch noch ein wenig. Denn diese Zusage bezieht sich nicht auf den gesamten Beitrag, sondern auf den Teil, der angespart wird. Die Kosten für den mit den Verträgen verbunden Risikoschutz, zum Beispiel gegen Unfall oder Tod, werden nicht verzinst.


Doch die Anbieter stehen vor großen Herausforderungen. Die Unternehmen müssen das Geld der Versicherten möglichst sicher anlegen. „90 Prozent der Anlagen werden festverzinslich angelegt“, erläutert Theo Pischke von der Stiftung Warentest. Dazu gehören vor allem deutsche Staatsanleihen, die kaum noch Zinsen abwerfen. Wenn es für Schulden des Bundes weniger als zwei Prozent Zinsen gibt, fällt es den Versicherern auf Dauer schwer, die versprochenen drei oder vier Prozent zu erwirtschaften. Da die Europäische Zentralbank den Leitzins vermutlich noch lange niedrig halten wird, verschärft sich dieses Problem weiter. Bis 2018 erwartet die Bundesregierung noch keine großen Schwierigkeiten. Danach befürchtet das Finanzministerium eine Zuspitzung der Lage, vor allem bei den finanziell schwächsten Versicherungen. „Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Unternehmen in Schwierigkeiten geraten“, heißt es in einem Schreiben für den Bundestag.


Wenn die Zinsen plötzlich wieder stark ansteigen sollten, entspannt sich die Lage nach Einschätzung des Ministeriums auch nicht. Denn die Beamten vermuten, das viele Kunden in diesem Fall auf besser verzinste Anlagen ausweichen und ihr Geld zurückziehen. In diesem Fall müssten die Versicherungen Anlagen auflösen und dabei erhebliche Wertverluste hinnehmen. „Die Unternehmen haben unter Umständen nicht mehr ausreichende Mittel, um die Verpflichtungen aus den im Bestand verbleibenden Versicherungsverträge zu erfüllen,“ vermuten die Beamten.


Zu Pleiten wird es dennoch kaum kommen. Denn einerseits will die Bundesregierung die finanzielle Lage der Branche stabilisieren, zum Beispiel in dem die Unternehmen gut verzinste Anlagen länger halten dürfen, statt aktuelle Gewinne daraus an die Kunden auszuschütten. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) sieht in den warnenden Szenarien der Regierung ohnehin „rein hypothetische Betrachtungen“. Die Aufsichtsbehörden hätten noch vor kurzem bestätigt, dass die Lebensversicherer ihren Verpflichtungen auch in einer extremen Niedrigzinsphase noch „etliche Jahre“ erfüllen können. Auch die Stiftung Warentest erkennt derzeit keine besonderen Gefahren.


Deshalb besteht jetzt auch kein Grund für einen hastigen Rückzug der Sparer. „Aus einem langfristigen Vertrag herauszugehen, ist ein Riesenblödsinn“, meint Pischke. Allerdings können Anleger auf einem Renditerechner im Internet auf der Seite der Warentester nachrechnen, ob sich die Anlage tatsächlich weiterhin lohnt. Wenn dabei zu wenig heraus kommt, ist die Suche nach Alternativen vielleicht doch eine gute Entscheidung. Verbraucherschützer kritisieren schon lange, dass die Kunden von den Versicherungen nicht genau über die tatsächliche Verzinsung informiert werden. Deshalb fordern die Grünen Gegenleistungen der Anbieter für den politischen Flankenschutz. „Die Versicherungen müssen die Berechnung der Überschussbeteiligungen in einer Form transparent machen, die für ihre Kunden nachvollziehbar ist“, sagte der Finanzexperte.


Sollte dennoch eine Versicherung wanken, bedeutet dies noch lange keinen Vermögensschaden für die Kunden. Bislang haben sich die Versicherungen immer selbst geholfen, wenn einzelne Unternehmen in Schwierigkeiten kamen. Dann übernahmen andere Anbieter die Kunden und damit auch die Verträge, so dass den Verbrauchern kein Schaden entstand. Außerdem gibt es die Auffanggesellschaft Protektor, die von der Branche getragen wird und notfalls den Vertragsbestand von Pleitegesellschaften weiter führt.



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