Wie vermeidet man einen Serien-Bankrott?

Die Euro-Zone hilft Griechenland auch, um weitere Staatspleiten zu vermeiden

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Von Hannes Koch

20. Feb. 2012 –

Über rund 130 Milliarden Euro zusätzliche Unterstützung für das nahezu bankrotte Griechenland verhandelten am Montagabend die Finanzminister der Euro-Zone in Brüssel. Unsere Zeitung erklärt, wie das Hilfsprogramm funktioniert.


Bekommt Athen das Geld geschenkt?

Nein, es handelt sich um Kredite, die Griechenland später zurückzahlen muss. Ein Teil des Geldes fließt auf ein Treuhandkonto, damit es nicht zweckentfremdet wird.


Ist Griechenland ein Fass ohne Boden?

Im vergangenen Jahr gab die griechische Regierung einige Milliarden mehr aus, als sie einnahm. Das Haushaltsdefizit betrug etwa zehn Prozent. Deshalb hat Athen zugesagt, die Ausgaben für den öffentlichen Dienst zu kürzen, Löhne und Gehälter zu senken, sowie die Steuern zu erhöhen. Gegenwärtig führt diese Roßkur zu steigender Arbeitslosigkeit, sinkender Produktion und abnehmenden Staatseinnahmen. Gleichzeitig hat die griechische Regierung mit den Gläubigern ausgehandelt, dass diese ihr etwa 30 Prozent der Staatsschulden erlassen. Die Geldinstitute tauschen alte Staatsanleihen in neue Schuldscheine mit geringerem Wert und niedrigeren Zinsen um. Ob die Kombination aus Schuldenschnitt, Sparen und Hilfsmilliarden Griechenland saniert, weiß heute niemand genau.


Profitieren die Griechen von der Hilfe oder nur die Banken?

Auch Kreditinstitute kommen in den Genuss der Unterstützung. Der Mechanismus funktioniert so: Euro-Zone und Internationaler Währungsfonds geben der griechischen Regierung Geld. Mit einem Teil bezahlt diese ihre Schulden bei Banken ab, die ihr früher Kapital geliehen haben. Auch französische und deutsche Unternehmen sind darunter. Würde man darauf verzichten, könnten die Geldhäuser in Schwierigkeiten geraten. Möglicherweise vergäben sie weniger Kredite an die Wirtschaft oder wären in letzter Konsequenz in ihrer Existenz bedroht.


Warum nicht einfach Staatsbankrott?

Wenn Griechenland nicht Mitglied der Euro-Zone wäre, hätte die Regierung den Weg des formellen Staatsbankrotts vielleicht schon eingeschlagen. Aber die anderen europäischen Regierungen, darunter Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble, wollen die Pleite eines Euro-Staates unbedingt vermeiden, weil dies schlimme Folgen haben könnte. Die internationalen Investoren, so die Befürchtung, würden danach vielleicht auch Portugal oder Italien kein Geld mehr geben. Man hofft, dass die Hilfe für Griechenland trotz allem billiger ist, als die Folge eines Serienbankrotts innerhalb der Euro-Zone. Ob das alles so stimmt, weiß niemand. Ein weiterer Grund für die Vermeidung einer Staatspleite soll nicht unerwähnt bleiben: Nicht nur die Bundesbank will verhindern, dass sich die Griechen infolge des Bankrotts billig ihrer Schulden entledigen, indem sie sie annulieren. Die Hilfe und das damit verbundene Sparprogramm dienen auch als Strafe, um den verschwenderischen Griechen Disziplin beizubringen.


Warum braucht Griechenland Hilfe?

Die Regierung in Athen hat sich in den vergangenen Jahren so stark verschuldet, dass sie Zinsen und Tilgung kaum noch selbst bezahlen kann. Weil die internationalen Banken, Pensionsfonds und Versicherer das wissen, kaufen sie im Prinzip jetzt keine griechischen Staatsanleihen mehr. Doch die Regierung braucht Geld. Sie muss ihren Staat am Laufen halten, beispielsweise die Polizei, die Lehrer und die Müllabfuhr bezahlen. Und zweitens muss sie einen Teil der geliehenen Milliarden immer dann zurückerstatten, wenn die entsprechenden Anleihen aus den früheren Jahren fällig werden. Käme der Staat dieser Zahlungsverpflichtung nicht nach, wäre das Land offiziell pleite.

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