Wirtschaft sorgt sich um Korruptionsimage

Vorstände mahnen im Bundestag Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung an

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Von Wolfgang Mulke

08. Aug. 2012 –

Die Unterschriften eines Briefes an die Faktionschefs der im Bundestag vertretenen Parteien erinnern an die Gästeliste einer Promiparty der deutschen Wirtschaft. Die Vorstandschefs der Telekom, von Daimler, ThyssenKrupp und E.ON haben das Schreiben ebenso signiert wie die Leiter von Allianz, adidas, Bayer und BASF. „Ein demokratisches Land wie Deutschland muss international insgesamt glaubwürdig sein und darf sich nicht angreifbar machen“, fordern die Manager. Anlass der Kritik ist ein fehlendes Gesetz. Weil Parlamentarier hierzulande wegen Bestechung bisher nicht belangt werden können, kann Deutschland ein Uno-Abkommen gegen Korruption nicht ratifizieren.


Das macht der Wirtschaft im Ausland zu schaffen. „Die Unternehmen werden gefragt, ob Deutschland das Thema nicht ernst nehme“, erläutert die Sprecherin der Internationalen Handelskammer (ICC), Katrin Rupprecht. Bei Auftragsvergaben wurde bisher aber noch noch keine Firma ausgeschlossen. Die Unternehmen beklagen jedoch einen Imageschaden im Ausland. Das sieht auch das Bundeswirtschaftsministerium so. Minister Philipp Rösler würde es gerne sehen, wenn der Bundestag das Abkommen neun Jahre nach der Verabschiedung auch annehmen würde.


Das Übereinkommen der Vereinten Nationen zum Kampf gegen Korruption wurde 2003 verabschiedet. Mittlerweile haben 160 Staaten den Text gebilligt. Von den großen Industrienationen verweigert bislang neben Deutschland nur Japan die Ratifizierung. In Europa zieren sich sonst nur die Tschechen. Voraussetzung für die Unterzeichnung sind Regeln für die Bestrafung von bestechlichen Politikern. Doch damit tut sich der Bundestag schwer. Die Union blockierte ein entsprechendes Gesetz während der großen Koalition und auch die schwarzgelbe Regierung lehnt Vorstöße der anderen Parteien bisher ab.


„Daran ändert der Brief nichts“, heißt es aus der Unionsfraktion. Ein kleiner Passus des Uno-Abkommens stellt die Volksvertreter vor ein großes Problem. Denn dort wird zwischen Amtsträgern wie Beamten im Bauressort und freien Mandatsträgern wie den gewählten Parlamentariern kein Unterschied gemacht. Das deutsche Recht ist anders konstruiert. Der Abteilungsleiter einer Baubehörde darf sich beispielsweise nicht von einem Bauherrn für ein Gespräch zum Essen einladen lassen. Abgeordnete sitzen laufend bei Veranstaltungen diverser Lobbygruppen herum und gönnen sich dabei auch einen Kaffee auf deren Kosten. Wo der normale Umgang miteinander aufhört und Bestechung anfängt, ist juristisch nicht geklärt. Nur der Stimmenkauf ist strafbar.


Doch die Oppositionsparteien machen Druck. Grüne, Linke und SPD haben jeweils eigene Gesetzentwürfe im Bundestag eingebracht, mit denen die Bestechung von Abgeordneten unter Strafe gestellt werden soll. Im Oktober steht zum Beispiel die Abstimmung über einen Vorschlag der SPD auf der Tagesordnung. „Wir könnten diesen peinlichen Zustand beenden“, hofft die Rechtsexpertin der Partei, Christine Lambrecht. Die Exportunternehmen würden im Ausland stets darauf angesprochen. Ihr Entwurf sieht fünf Jahre Haft oder eine Geldstrafe für Parlamentarier vor, die im Auftrag oder auf Weisung anderer im Bundestag handelt. Doch große Chancen hat ihr Vorstoß nicht. Die Regierungsparteien haben das Gesetz in der ersten Lesung schon einmal abgelehnt.



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