Wo dürfen die Berliner lang fliegen?

Richter kippen eine erste Flugroute des Hauptstadtflughafens / Auch die Luftplanung in Schönefeld nur mangelhaft

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Von Wolfgang Mulke

24. Jan. 2013 –

Vor gut einem Jahr warb die Berliner Flughafengesellschaft bei den Anwohnern des neuen Landeplatzes BER noch um Vertrauen. Im Besucherzentrum durften sie auf einer großen Landkarte auf ihren Wohnort drücken. Dann ertönte im Kopfhörer Maschinenlärm in der Lautstärke, die beim späteren Betrieb des Airports zu erwarten gewesen wäre. Jahrelang wähnten sich all jene Berliner und Brandenburger vor bösen Überraschungen sicher, die außerhalb dieser Lärmzone wohnen. Doch im Januar 2012 kam dann die Stunde der Wahrheit. Statt der angekündigten Flugrouten wurden plötzlich völlig andere Start- und Landeanflüge bekannt gegeben, nur wenige Monate vor einem der mittlerweile vier verschobenen Starttermine.


Die betroffenen Bürger sind natürlich sauer, dass sie so lange Zeit hinters Licht geführt wurden. Doch Flugrouten sind Sache der Flugaufsichtsbehörden und können jederzeit geändert werden. Nur gesagt hat dies niemand, weder die brandenburgische Landesregierung, noch die der Berliner, noch der Bund. Diesen dreien gehört der Flughafen.


Doch jetzt fliegt ihnen ein weiteres Problem um die Ohren. Das gemeinsame Oberverwaltungsgericht beider Länder ist ersten Klagen mehrerer von den neuen Routen betroffener Gemeinden und Bürger gefolgt. Es geht um den Nobelvorort Wannsee und im Berliner Südwesten gelegene Villensiedlungen wie Klein-Machnow, wo viel Prominenz und Geld zuhause ist.


Dort weiß man sich auch juristisch zu wehren. In diesem Fall half der Versuchs-Atommeiler der Helmholtz-Gesellschaft in Wannsee dabei, der zufällig auch noch BER II heißt, aber im Gegensatz zum BER funktioniert. Die Richter befanden, dass die Gefahr eines Flugzeugabsturzes oder eines Terrorangriffs aus der Luft bei der Festlegung der Routen nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, und kippten die Planung. Das könnte ein Problem werden, denn ohne die vorgesehenen Flugschneisen ist der gleichzeitige Betrieb beider Startbahnen vielleicht nicht möglich.


Dasselbe Schicksal könnte auch der östlichen Schneise drohen. Auch dort führt eine Route Richtung Müggelsee und damit über einen Vorort in bester Lage. Auch dort haben die Anwohner erst im vergangenen Jahr von der drohenden Lärmplage erfahren und geklagt. Mangels Atommeiler bezieht sich diese Klage auf Natur- und Vogelschutzgebiete, die überflogen werden sollen, ohne das jemals eine Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden hat. Bei der EU beschwerte sich die Friedrichshagener Bürgerverein in dieser Sache und stieß damit auf offene Ohren. Aus Brüssel droht nun ein Verfahren gegen die Bundesrepublik, weil sie vielleicht gegen das Umweltrecht der Gemeinschaft verstoßen hat. Voraussichtlich Ende Februar wird dies entschieden.

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