Wohlstand und Konflikt

Kommentar zur Einwanderung von Arbeitskräften von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

08. Sep. 2015 –

Mehrheitlich heißen die Bundesbürger die Flüchtlinge willkommen. Aber mancher Einheimischer empfindet auch Angst. Dann werden die Fremden als potenzielle Störenfriede betrachtet, die die gewohnten Gebräuche bedrohen. Auch sieht man sie als Konkurrenten um Sozialleistungen und Jobs. Die geplante Arbeitserlaubnis für Zuwanderer vom Balkan und die Debatte über das Einwanderungsgesetz mögen solche Sorgen verstärken.

 

Dabei zeigt die Erfahrung, dass Einwanderung ein echter ökonomischer Vorteil sein kann. In einem Land wie Deutschland bedeuten mehr Menschen, die konsumieren, mehr Wachstum. Weil die Flüchtlinge sich schnell ein neues Leben aufbauen wollen, sind sie ehrgeizig und produktiv. Viele sind jung – sie werden bald Steuern und Sozialbeiträge zahlen, ohne selbst viel in Anspruch zu nehmen. Und wir können zusätzliche Arbeitskräfte gut gebrauchen. Denn es kommen hierzulande weniger Kinder zur Welt als alte Menschen sterben. Wenn ein Unternehmen wie Volkswagen bald 15 Millionen Fahrzeuge pro Jahr herstellen will, wird das mit Robotern alleine nicht funktionieren. Schon heute pflegt die Bundesagentur für Arbeit eine Liste mit 80 Mangelberufen, in denen die Firmen kaum Bewerber finden.

 

Aber werden alle Zuwanderer hier arbeiten? Nein. Anfangs tut das wahrscheinlich nicht einmal die Mehrheit von ihnen. Sie müssen erst Deutsch lernen, betreut, geheilt, ausgebildet oder umgeschult werden. Mit der Zeit wird sich das aber ändern. Sehr viele finden dann Stellen als Krankenschwestern, Altenpfleger und Handwerker. Oder sie gründen eigene Firmen. Einige jedoch bleiben übrig, die auch langfristig Sozialgeld kosten.

 

Und warum nimmt man nicht die einheimischen Arbeitslosen? Die Antwort ist unbequem. Obwohl 2,8 Millionen Menschen hierzulande offiziell eine Stelle suchen, sind 600.000 Jobs unbesetzt. Oft passen die Arbeitsplätze einfach nicht zu den Bewerbern. Ökonomen nennen das natürliche Arbeitslosigkeit. Das kann man für Zynismus halten. Es bleibt auf jeden Fall eine Aufgabe der Bundesagentur, Langzeitarbeitslose zu unterstützen, sie fortzubilden, und sie nicht aufzugeben. Trotzdem sollten wir uns darauf einstellen, dass Zuwanderung nicht nur Wohlstand, sondern auch neue Konkurrenz schafft. Es ist damit zu rechnen, dass es zu sozialen Konflikten unter denen kommt, die nicht viel haben.

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