Wüste Rechnerei

Wie der Regelsatz bei Hartz IV zustande kommt

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Von Wolfgang Mulke

08. Feb. 2010 –

Der Regelsatz für die Grundsicherung der Langzeitarbeitslosen wird nach schwer verständlichen Kriterien ermittelt. 359 Euro sollen danach reichen, um die Grundbedürfnisse eines Erwachsenen zu decken. Der Bedarf von Kindern wurde bei der Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 einfach prozentual vom Erwachsenensatz abgeleitet. Kinder unter sechs Jahren erhalten 215 Euro oder 60 Prozent, zwischen sechs und 14 Jahren 251 Euro oder 70 Prozent und ältere Sprösslingen 80 Prozent. Das macht 287 Euro.

 

Diese willkürliche Praxis ist Gegenstand des heute anstehenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Die Richter werden feststellen, ob die Methoden zur Ermittlung des Bedarfs ausreichend sind. Der Spruch der Verfassungshüter hat vermutlich auch Auswirkungen auf die Regelsätze der Erwachsenen.

 

Umstritten war die Berechnung des Regelsatzes schon bei der Einführung. Die Bundesregierung orientiert sich an der alle fünf Jahre erhobenen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts. In dieser Statistik werden die Ausgaben der Deutschen für den täglichen Bedarf erfasst. Allerdings zieht der Bund für die Ermittlung des Bedarfs von Empfängern nur die Ausgabepraxis jener 20 Prozent aus der Bevölkerung heran, die am wenigsten verdienen.

 

Außerdem werden nur die Werte von westdeutschen Einpersonenhaushalten berücksichtigt. Die speziellen Bedürfnisse von Familien spielen bei der Berechnung keine Rolle. Das ist ein Stein des Anstoßes. Der Regelsatz für Erwachsene sieht zum Beispiel keine Bildungsausgaben vor, die in Haushalten mit schulpflichtigen Kindern anfallen. Auch die durch das schnelle Wachstum überproportionalen Ausgaben für Kleidung werden nicht berücksichtigt. Die Böckler-Stiftung hat ausgerechnet, dass einer Familie mit einem Kind 897 Euro gewährt, aber monatlich wenigstens 979 Euro benötigt werden.

 

Für die Festlegung des Regelsatzes werden zehn so genannte Abteilungen berücksichtigt. Dazu gehören etwa Nahrungsmittel, Verkehr, Freizeit oder die Gesundheitspflege. Anschließend wird meist noch ein Abschlag zum Bedarf „normaler“ Haushalte vorgenommen. Beim Start 2005 mit einem Regelsatz von 345 Euro ergaben sich so monatliche Beträge von 127, 31 für Nahrungsmittel, Getränke und Tabak oder 12,61 Euro für die Gesundheitspflege. Mittlerweile wurde der Regelsatz erhöht, so dass auch auf die einzelnen Gruppen etwas höhere Beträge entfallen. Die Einzelposten setzen sich wiederum aus Detailaufwendungen zusammen. Der monatliche Bedarf bei Bekleidung umfasst zum Beispiel 15,28 Euro für Damenbekleidung ohne Strumpfwaren, 2,23 für Herrenschuhe oder vier Cent für Kinderschuhe.

 

 

 

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