Zweifel am Erfolg des neuen Baukindergelds

Pro Kind gibt es zehn Jahre lang 1.200 Euro Zuschuss für das Eigenheim. Womöglich füllt die Zulage jedoch nur die Kassen der Immobilienverkäufer.

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Von Wolfgang Mulke

27. Feb. 2018 –

Gegen den Wohnungsmangel in Deutschland will die angehende große Koalition auf mehreren Wegen vorgehen. Unter dem Strich sollen in den kommenden Jahren so 1,5 Millionen neuer Wohnungen entstehen. Dazu sollen auch die Familien kräftig beitragen. Ihnen versprechen Union und SPD eine Neuauflage der 2006 abgeschafften Eigenheimzulage in neuem Gewand.

 

Baukindergeld lautet der neue Titel des geplanten Förderprogramms. Laut Koalitionsvertrag soll der Erwerb eines Eigenheims zehn Jahre lang mit 1.200 Euro pro Kind unterstützt werden. Allerdings zählen nicht alle Familien zu den Berechtigten. Die Förderung gibt es nur bis zu einem Jahreseinkommen von 75.000 Euro plus 15.000 Euro pro Kind. Wer mehr verdient geht leer aus. Der Zuschuss wird für das selbstgenutzte Eigenheim gewährt, unabhängig davon, ob es sich beim Kauf um einen Neubau oder eine Bestandswohnung handelt.

 

Darüber hinaus will die Koalition den Weg in die eigenen vier Wände durch ein Bürgschaftsprogramm der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ebnen, „mit dem ein Anteil des Kaufpreises beziehungsweise der Baukosten abgesichert wird“, heißt es im Koalitionsvertrag. Damit würden Familien weniger Eigenkapital benötigen. Die Bürgschaften laufen über 20 Jahre.

 

Gegenüber der Anfang 2006 abgeschafften Eigenheimzulage ist das Baukindergeld vergleichweise knauserig. Damals gab es abhängig von den Anschaffungskosten Zuschüsse von bis zu 2.500 Euro im Jahr plus 767 Euro pro Kind. 2004 förderte der Staat die Eigentumsbildung auf diese Weise mit mehr als elf Milliarden Euro. Dagegen sind die Erwartungen an die Neuauflage bescheiden. Das Finanztableau der Koalitionäre sieht Gesamtausgaben von lediglich zwei Milliarden Euro bis Ende 2021 vor. In dieser Summe ist zudem auch noch die Förderung der energetischen Sanierung enthalten.

 

Bei den Branchenverbänden sind die Erwartungen überwiegend gedämpft. Der Mieterbund befürchtet zum Beispiel, dass die Zuschüsse direkt bei den Verkäufern der Immobilien landen. Sie werde eins zu eins auf den Kaufpreis draufgelegt, glaubt Verbands-Sprecher Ulrich Ropertz. Skeptisch ist auch das Verbraucherportal Finanztip.de. „Wo das Angebot knapp ist, könnte das Baugeld sogar die Preise hochtreiben“, vermutet deren Experte Matthias Urbach. Helfen werde es nur in Regionen, in denen Immobilien nicht so teuer sind.

 

Deutlich positiver sieht der Immobilienverband Deutschland (IVD) die Pläne. „Seit langem wünschen wir uns diesen Schritt“, sagt IVD-Chef Jürgen Michael Schick. Damit werde eine Trendwende hin zu mehr Wohneigentum eingeleitet. Deutschland liege mit einer Wohneigentumsquote von 45 Prozent am Ende der europäischen Rangliste. Laut IVD sind Eigenheime trotz der aktuellen Preissteigerungen am Immobilienmarkt so erschwinglich wie lange nicht mehr. Allerdings räumt der Verband auch ein, dass mancherorts Wohnraum für Normalverdiener kaum mehr bezahlbar ist, zum Beispiel in Freiburg, der „unerschwinglichsten Mittelstadt“, wie es in einer IVD-Studie heißt.

 

Der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA) zeigt sich als Spitzenverband der Branche enttäuscht vom Koalitionsvertrag. „Die beschlossenen Maßnahmen sind verbesserungswürdig“, stellt dessen Präsident Andreas Massner fest. Er bemängelt die Bindung des Baukindergelds an den Kaufpreis. Den größten Stolperstein bei der Anschaffung eines Hauses oder einer Wohnung seien jedoch die Kaufnebenkosten, erläutert Massner. Insbesondere die Grunderwerbsteuer hält der ZIA für zu hoch. Sie beträgt je nach Bundesland bis zu 6,5 Prozent des Kaufpreises. Die Koalition hat zwar die Prüfung eines Freibetrags bei der Grundsteuer vereinbart. Doch der ZIA befürchtet, dass zum Beispiel bei einer Ermäßigung für finanziell schwächere Käufer die anderen umso mehr zur Kasse gebeten werden.

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